Was wir von anderen Kulturen über Glück lernen können

Uns Deutschen geht es im weltweiten Vergleich objektiv betrachtet sehr gut. Deutschland hat weltweit das vierthöchste Bruttoinlandsprodukt (1) und zählt damit zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Ländern der Welt. In Glücksstudien ergibt sich jedoch ein anderes Bild. So reichte es beim World Happiness Report nur zu Platz 14, während andere Länder konstant die vorderen Ränge belegen (2). In Sachen Glück können wir von anderen Kulturen also noch einiges dazulernen. Dieser Artikel stellt Ihnen die Konzepte für mehr Lebensglück und Zufriedenheit aus aller Welt vor.

 

Die Glücksweltmeister:innen in Skandinavien: Mehr Glück durch Zeit, Natur und Gemeinschaft

Insbesondere die skandinavischen Länder rangieren in den verschiedenen Glücksstudien stets weit vorne. Die verschiedenen Nationen besitzen jeweils ihre eigenen Herangehensweisen an das Leben, die sich aber in den Grundzügen sehr ähnlich sind.

Das dänische hygge hat in den letzten Jahren einen Hype erlebt und ist damit vielen Menschen ein Begriff. Wörtlich bedeutet hygge „Wohlbefinden“ und wird manchmal auch als hyggen („es sich gemütlich machen“) oder hyggelig („gemütlich“) verwendet.

Die Übersetzungen erklären das Prinzip bereits, denn hygge ist nichts Gegenständliches, sondern eine Atmosphäre und ein Erleben, bei dem Gefühle wie Glückseligkeit, Geborgenheit und Sicherheit im Vordergrund stehen. Alles, was dieses Erleben erzeugt, ist hygge. Das kann ein bestimmter Einrichtungsstil sein, ein Kamin, Kuchen, ein Waldspaziergang, Zeit mit Freunden oder der Gang in die Sauna. Im Zentrum steht dabei auch immer eine besondere Verbindung zur Natur. Isoliert betrachtet sind das jeweils „nur“ Kleinigkeiten, aber in Summe ergeben sie ein Lebensgefühl, das Dänemark zu einer der glücklichsten Nationen weltweit macht.

Die Basis für hygge-Momente ist ausreichend Zeit und die Arbeitswelt in Skandinavien ordnet sich diesem Prinzip unter: es wird rechtzeitig Feierabend gemacht und während der Arbeit gibt es zahlreiche Pausen für den Austausch und zum gemeinsamen Kaffeetrinken. Das stärkt die Gemeinschaft und die Zeit wird sowohl zum fachlichen als auch zum privaten Austausch verwendet. Die fika, wie diese Kaffeepause in Schweden heißt, liefert einen entscheidenden Beitrag dazu, dass der Kaffeekonsum in Skandinavien fast doppelt so hoch ist wie in anderen Ländern. Und gemeinsam getrunkener Kaffee macht nicht nur wach, sondern auch glücklich.

Das schwedische Lebensprinzip lagom schlägt eine sehr ähnliche Richtung ein. Lagom bedeutet übersetzt so viel wie „Ausgewogenheit“ oder „das richtige Maß“. Das heißt: nicht zu viel Arbeit, nicht zu viel Stress, aber auch keine Langeweile: insbesondere Aktivitäten in der Natur sind ein sehr wichtiges Ausgleichselement um die Work Life Balance aufrecht zu erhalten.

Zeit und Aktivität in der Natur haben nicht nur zahlreiche positive Auswirkungen auf die physische Gesundheit sondern tragen auch zu Glück und Zufriedenheit bei. Die finnische Lebensphilosophie sisu (mehr dazu hier in meinem Artikel über Resilienz) beherbergt die Natur ebenfalls als zentrales Element.

In einigen skandinavischen Ländern gibt es sogar ein verbrieftes Recht auf den Zugang zur Natur: außerhalb von Gärten und Privatgrundstücken darf man Skifahren, Schwimmen, Wandern, Wildblumen pflücken und campen, wo man möchte.

 

Die Bedeutung der Gemeinschaft für mehr Lebensglück

Ein weiteres Element, das die skandinavischen Prinzipien gemeinsam haben, findet sich auch in anderen Ländern wieder, die sehr weit oben auf den Glücksranglisten rangieren: die Gemeinschaft.

Menschen sind soziale Wesen. Eine gute Gemeinschaft stärkt, gibt Sicherheit und macht glücklich. In guter Gesellschaft schüttet der Körper gleich eine ganze Reihe an Glückshormonen aus, darunter beispielsweise Oxytocin. Zwischen dem Gemeinschaftsgefühl und dem empfundenen Lebensglück besteht dadurch ein direkter Zusammenhang.

So ist in den Niederlanden die Gezelligheid ein fester Bestandteil des Alltags. Gezelligheid bedeutet Beisammensein, Nettigkeit und das Schaffen eines angenehmen Empfindens, beispielsweise durch gemeinsame Zeit in Cafés oder Bars. Diese Gewohnheit wird in den Niederlanden regelmäßig gepflegt. Entsprechend hoch sind das Gemeinschaftsgefühl und das empfundene Lebensglück.

Eine noch wichtigere Rolle spielt die gemeinsame Zeit in Costa Rica. Obwohl das Land zu den ärmeren Nationen in der Welt gehört, mischt es bei den Glücksstudien ganz oben mit. In Costa Rica zelebrieren die Menschen das pura vida – das echte und pralle Leben. Wer schon einmal in Costa Rica war, kennt dieses Lebensgefühl: die Menschen sind herzlich und gelassen und nehmen die Dinge nicht so ernst. Der Grundzustand ist gute Laune und die wertvollsten Güter sind freie Zeit sowie gemeinsame Momente mit Familie und Freund:innen.

Die Prioritäten werden dabei grundsätzlich anders gesetzt: anstatt abends noch am Projekt für die Arbeit zu sitzen, werden die Stunden lieber gemeinsam mit den Liebsten verbracht. Die größere Menge an Zeit und Energie, die in gemeinsame Aktivitäten gesteckt wird, sorgt im Ergebnis für ein hohes Level an Glück und Lebensfreude.

 

Mit Gelassenheit und Akzeptanz zu mehr Lebensglück

Weitere wichtige Ansätze für ein glücklicheres Leben finden sich im asiatischen Raum. Während das in Deutschland sehr präsente Streben nach höher, schneller, weiter und mehr auf allen Ebenen das Glück stets in die Zukunft projiziert, lädt man es in Asien in den gegenwärtigen Moment ein.

Das japanische Prinzip wabi sabi stellt einen Gegenentwurf zum Immer-Mehr-Wollen dar. Es geht dabei vorrangig darum, das Unperfekte, Schlichte und Einfache zu loben.

Es muss kein aufwändiger Blumenstrauß sein – eine einfache Vase mit einer schönen Blume reicht bereits.

Zum Abschalten abends braucht es nicht den neuen Blockbuster im 3D-Kino – eine achtsame Teezeremonie ist noch viel entspannender.

Das Leben wird mit wabi sabi so angenommen und genossen, wie es ist. Das nimmt den Druck heraus und reduziert den Widerstand gegen aktuelle Gegebenheiten. Die gesteigerte Entspannung sorgt letztlich auch für mehr Glück.

Das chinesische wu wei geht mit der Gelassenheit im Alltag noch einen Schritt weiter. Wu wei bedeutet wörtlich übersetzt „Nichthandeln“, was aber nicht bedeutet den Tag untätig zu verbringen. Vielmehr geht es dabei darum, achtsam und gelassen durch das Leben zu gehen, um mit einem harmonischen Geist den Fluss des Lebens folgen zu können.

Viele Menschen kennen es, dass sich im Leben stets einige Türen öffnen und andere schließen. Wer an sich schließenden Türen festhält, hat es mühsam, und wer neu geöffnete Türen nicht nutzt, verpasst Gelegenheiten. Da wir hierzulande viele Ziele mit dem Verstand festlegen und eisern daran festhalten, geschehen solche Begebenheiten recht häufig.

Wu wei dagegen bedeutet, diesen Fluss des Lebens zu akzeptieren und ihm zu folgen. Sich öffnende Türen werden genutzt und sich schließende Türen losgelassen. Warum das jeweils richtig war, erkennt man oft erst im Nachhinein. Die Folge ist ein gelasseneres und dennoch erfolgreiches Leben in der eigenen Mitte – eine gute Basis für mehr Lebensglück.

Das japanische ikigai rundet die Konzepte für mehr Glücksempfinden ab und fokussiert sich vorrangig auf die Arbeit. Denn auch wenn wir mit den skandinavischen Konzepten unsere Work Life Balance im Griff haben: wenn wir einer Arbeit nachgehen, die uns herunterzieht, ist es schwierig mit dem Glücklichsein.

Ikigai bedeutet übersetzt mit sich, seinem Leben und der Lebensplanung im Einklang zu sein. Anders ausgedrückt: das zu tun, was sich sinnhaft und erfüllend anfühlt.

Es beschreibt die Schnittmenge an Tätigkeiten, die

  1. in uns Begeisterung auslösen
  2. wir gut können
  3. die Welt braucht
  4. für die wir bezahlt werden.

 

Hierzulande kennt man dieses Konzept vielleicht als „das eigene Hobby zum Beruf machen“. Eine solche Kombination sorgt für Begeisterung bei einem selbst, die sich auf die Kund:innen, Mitarbeitenden und das gesamte Umfeld überträgt. Wer sein ikigai findet und lebt, wird deutlich glücklicher durchs Leben gehen.

 

Zusammenfassung: Es gibt weltweit die verschiedensten Ideen und Ansätze für mehr Lebensglück. Dabei führt nicht nur ein Weg zum Ziel. Wir können uns von den verschiedenen Kulturen inspirieren lassen und das Beste für uns mitnehmen.

Die wichtigsten Zutaten für mehr Glück sind dabei:

  • Gemeinschaft (Familie, Freundeskreis, Kolleg:innen auf der Arbeit)
  • Freie Zeit und Work Life Balance
  • Verbundenheit und Zeit in der Natur
  • Achtsamkeit und das Annehmen des Hier & Jetzt
  • Einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Sie mit dem Wissen aus anderen Kulturen ihr Lebensglück steigern oder andere Herausforderungen in den Bereichen Kommunikation, Beziehung, Nachhaltigkeit oder Innovation bewältigen können, werden Sie in meinem Buch „Was wir von anderen Kulturen lernen können“ fündig werden. Bestellen können Sie das Buch hier und eine Leseprobe ist unter diesem Link verfügbar.

 

Quellen:

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_Bruttoinlandsprodukt

(2) https://worldhappiness.report/ed/2022/

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